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Autor Thema: Kosmetika als Rezepturgrundlage  (Gelesen 20660 mal)

Großer

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Kosmetika als Rezepturgrundlage
« am: 14. Januar 2013, 17:20:52 »
Hallihallo!
Ich weiß das Thema ist nicht ganz neu, aber kann mir jemand eine klare Antwort geben, ob ich Kosmetika, Medizinprodukte andere Fertigsalben zur Hautpflege als Grundlage für Rezepturen bei den Krankenkassen verwenden darf???, wenn ich es irgendwie fertiggebracht habe mir alle Protokolle und Prüfungen zu besorgen ??
Ich habe nämlich gerade ein bißchen Streit mit ein zwei Ärzten, die mir das nicht glauben wollen, daß es da Schwierigkeiten gibt.( ging ja immer)
Habe schon direkt bei einer Firma angerufen, die sind der Meinung wenn ein Wirkstoff eingearbeitet ist, ist das kein Problem und sie kommunizieren das auch den Ärzten ( Infectopharm).
Auch eine Anfrage bei der AOK blieb bisher erfolglos.
Auf welchen Gesetzestext kann ich da zurückgreifen, steht da genau drin das sowas geht oder nicht geht ?

Wolf

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #1 am: 14. Januar 2013, 18:41:12 »
Man muss zwei verschiedene Bereiche unterscheiden.

1.) Die ApBetrO verlangt für alle Wirk- und Hilfsstoffe in der Rezeptur eine so genannte pharmazeutische Qualität. Diese muss mit einem chargenspezifischen (!) Analysenzertifikat nachgewiesen werden. Weiterhin muss die Apotheke eine Identitätsreaktion durchführen.
Von einigen Herstellern bekommt man solche Zertifikate. Jedoch mit den Identitätsreaktionen hapert es. Ich habe in den vergangenen Monaten verschiedene Firmen gebeten, Vorschläge für solche Identitätsreaktionen zusammen mit den Zertifikaten den Apotheken zu liefern. Leider bisher Fehlanzeige! Es ist objektiv gesehen schwierig, mit der technischen Ausrüstung einer normalen Apotheke aus einer Fülle von Hilfsstoffen einen Stoff heraus zu isolieren und dann z.B. mit dc nachzuweisen.
Bei Revisionen in Apotheken haben Pharmazieräte bereits in verschiedenen Bundesländern gerade diesen Punkt geprüft und die Apotheken aufgefordert, für
diese Körperpflegemittel Ersatz unter den offizinellen Grundlagen zu suchen.

2.) Die Gesetzlichen Krankenkassen haben in ihren Arzneilieferverträgen stehen, dass Körperpflegemittel grundsätzlich nicht erstattet werden. Das haben inzwischen einige Kassen auch auf die Verwendung als Rezeptur-Grundlagen ausgeweitet. Beispiel: in Berlin wurde eine Rezeptur mit Physiogel Creme als Grundlage deswegen auf Null retaxiert.

Wir sind also quasi umzingelt. Handeln wir gesetzestreu nach der neuen ApBetrO, kann immer noch die Krankenkasse quer schießen. Wir befinden uns in einem Dilemma!

Großer

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #2 am: 15. Januar 2013, 12:38:45 »
Vielen Dank für die schnelle Antwort.

 :silly: Habe heute auch nach langem Warten eine Antwort von der AOK Nordost bekommen.
Die richten sich bei der Beurteilung, ob erstattet wird oder nicht, hauptsächlich nach den Inhaltsstoffen der Fertigprodukte. Also ob die Grundlagen keine \"üblichen\" Kosmetika sind, sondern für
spezielle Therapien geeignet sind. Haben unter anderem gesagt das z.B. Neuroderm Pflegecreme oder Physiogel-creme bei Kindern gehen würde, wenn ein Wirkstoff eingearbeitet ist. Ich hoffe nur sie erinnern sich später noch an diese Aussage. Eine konkrete Übersicht gibt es, wie zu erwarten, nicht.

Schönen Gruß

Galenik

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #3 am: 27. März 2013, 09:16:19 »
hmm. Habe gerade mit Dr. Wolff Pharma geredet, die schicken mir zu ihrer Wolff Basis Creme eine Prüfvorschrift, die aber lediglich aus organoleptischer Prüfung und Feststellung des pH-Wertes besteht. Für eine \"pro forma\"-Prüfung reicht das vermutlich, aber eigtl mache ich so etwas ganz gerne ernsthaft. Andererseits möchte ich nicht auf Teufel komm raus unsere Ärzte und Patienten verärgern.
Wenn ich mir die ApoBetrO genau anschaue, dann betrifft diese Prüfung der Identität der Grundlage doch auch Fertigarzneimittel, oder seh ich da was falsch? Dann haben wir dort ja genau das gleiche Problem, und zwar mit JEDER anderen Grundlage als der Arzneibuchware.

Gruß
Hr. Orrin

Wolf

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #4 am: 27. März 2013, 10:58:47 »
Hallo Herr Orrin,


Fertigarzneimittel haben im Zuge des Zulassungsverfahrens alle die genannten Bedingungen schon erfüllt bzw. erfüllen müssen. Also brauchen wir sie m.W.  nicht mehr im Sinne der ApBetrO zu überprüfen.

Die Grundlagen des DAB, DAC und NRF sind monographiert und werden uns mit entsprechenden Analysenzertifikaten geliefert. Sie prüfen sie nach Eingang in der Apotheke gemäß der Monographie im Labor auf ihre Identität hin.

MfG
G. Wolf

Galenik

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #5 am: 14. Mai 2013, 15:51:52 »
hmm. Klingt spannend. Warum sollten sie nicht geprüft werden müssen? Da müsste es doch eine gesetzliche Grundlage zu geben. Auch die Stoffe des Arzneibuchs müssen doch die Kriterien erfüllen, deswegen bekommen sie ein Zertifikat. Dennoch müssen wir dann zumindest die Identität überprüfen.
Wenn es aus dem Gesetz herauszulesen geht, bin ich gern dabei.  :) Aber wo bekomme ich Gewissheit? In verschiedenen Seminaren wurde bisher immer das Gegenteil behauptet, was mir auch einleuchtete - zumindest von GesetztesTEXT her, nicht unbedingt vom Sinn.
Dann bliebe eben nur noch das Problem der Zusammensetzung, sprich: der Kompatibilität der einzelnen Wirkstoffe mit der Fertigarznei und dessen Hilfsstoffe (ausreichende Konservierung?). Auch hier hat zumindest Dr.Wolff Pharma mit ihrer Broschüre ein paar Sachen herausgearbeitet.

nochmals hmm.
ApBetrO: Plausi-Prüfung muss berücksichtigen
3.) die Art, Menge und Kompatibilität der Ausgangsstoffe untereinander sowie deren gleichbleibende Qualität in dem fertig hergestellten Rezepturarzneimittel über dessen Haltbarkeitszeitraum, 4.) die Haltbarkeit

Art? vielleicht. Menge? nö. Kompatibilität? da muss ich mich dann auf die Aussagen der Firma verlassen, die ihr Produkt verkaufen möchte. Könnte ich aber bei seriösen Firmen akzeptieren. Haltbarkeit? betr. das Problem mit der ausreichenden Konservierung, larvierte Inkompatibilitäten usw.
Absatz (2) bezieht sich auf die fertig gestellte Rezeptur, die dann nicht mehr geprüft werden muss, sofern die Inprozesskontrollen aussagekräftig sind.

Wie kommt man aus dieser Zwickmühle?

Gramberg-Schmidt

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #6 am: 14. Mai 2013, 16:26:05 »
Das es keine Prüfpflicht für Fertig-Arzneimittel gibt folgt aus ApoBetrO § 11(3):

§ 11 Ausgangsstoffe
(1) Zur Herstellung von Arzneimitteln dürfen nur Ausgangsstoffe verwendet werden, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt ist. Auf die Prüfung der Ausgangsstoffe finden die Vorschriften des § 6 Absatz 1 und 3 entsprechende Anwendung.
(2) Werden Ausgangsstoffe bezogen, deren Qualität durch ein Prüfzertifikat nach § 6 Abs. 3 nachgewiesen ist, ist in der Apotheke mindestens die Identität festzustellen. Das Prüfzertifikat soll auch Auskunft über die GMP‐konforme Herstellung des Ausgangsstoffs geben, soweit es sich um einen Wirkstoff handelt. Die Verantwortung des Apothekenleiters für die ordnungsgemäße Qualität der Ausgangsstoffe bleibt unberührt. Über die in der Apotheke durchgeführten Prüfungen sind Aufzeichnungen mit Namenszeichen des prüfenden oder die Prüfung beaufsichtigenden Apothekers zu machen.
(3) Werden Arzneimittel, die keine Fertigarzneimittel sind, zur Herstellung anderer Arzneimittel bezogen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

Mit kollegialen Grüßen,

Frank Gramberg-Schmidt

Nicole Schäfer

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #7 am: 14. Mai 2013, 16:39:03 »
Hallo!
Ist zwar schon etwas spät aber ich habe mich an den BAV gewendet und die haben mir erklärt, das ich Kosmetika nur verwenden darf, wenn mir die Firma ein Prüfzertifikat vorlegt. Ansonsten haben wir ein striktes Abgabeverbot von Rezepturen mit Kosmetikagrundlage und das generell. Auch bei Privatrezepten oder konkreten Kundenwünschen.

Liebe Grüße

Galenik

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #8 am: 14. Mai 2013, 21:02:20 »
Das mit den Kosmetika ist richtig. Das Prüfzertifikat muss vorliegen, ansonsten geht da gar nichts, da sich bei Kosmetika nicht automatisch an das Arzneibuch und dessen Qualitätsrichtlinien gehalten wird.
Mit den Fertigarzneimittel bin ich noch nicht so überzeugt. Gerade der Absatz (3) ist nicht so eindeutig, denn wenn sich § 11 generell nur auf Nicht-Fertigarzneimittel beziehen würde, hätte man den Text doch anders formuliert, so liegt die Bedeutung eher genau anders herum. Nämlich: Wenn ich Fertig-Arzneimittel einsetze, gelten Absätze (1) und (2), und 3.: Wenn ich dann doch keine Fertig-Arzneimittel nutze, gelten die Absätze TROTZDEM. Der 3. Absatz ist eine (weitere) Einschränkung, keine Erklärung dafür, worauf sich die beiden oberen ausschließlich beziehen sollen. Wenn es grundsätzlich um Nicht-Fertigarznimittel ginge, hätte man das gleich in Absatz (1) so dargestellt (also z.B.: (1)[...]Auf die Prüfung der Ausgangsstoffe finden die Vorschriften des § 6 Absatz 1 und 3 entsprechende Anwendung, sofern es sich nicht um Fertig-Arzneimittel handelt.).
§ 6 läßt auch keine Ausnahme zu. In der Apo hergestellte Arzneimittel sind nach anerkannten pharmazeutischen Richtlinien zu prüfen. Ein Prüfzertifikat wird gefordert, und wenn es da ist, muss in der Apo mindestens die Identität noch festgestellt werden. Wenn ich also die Zulassung als \"Prüfzertifikat\" anerkenne, dann braucht es dennoch immer noch die Identitätsfeststellung in der Apotheke.

Und da sehe ich bei Fertgiarzneimitteln ein Problem, denn diese sind für uns de facto \"unprüfbar\".

Galenik

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #9 am: 14. Mai 2013, 21:17:41 »
hier die Frage aus dem anderen Thread: Was genau sind \"Verdünnungs-Rezepturen\"? welche FA sollten denn verdünnt werden können und wozu?

Gramberg-Schmidt

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #10 am: 15. Mai 2013, 07:58:17 »
Die Fragestellung bei Kosmetika ist unstrittig. Sie dürfen  nur eingesetzt werden, wenn der Hersteller GMP-Konformität nachweist, ein Chargen-bezogenes Prüfzertifikat vorlegen kann und in der Apotheke die Identität geprüft wurde.
§ 11(3) macht für mich nur Sinn wenn man Ihn so deutet wie von mir wiedergegeben. Zugelassene Fertig-AM müssen nicht geprüft werden.
Unsere Überwachungsbehörde interpretiert dies genauso. Dies ist für mein Vorgehen ausreichend. Auch aus der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte zur neuen ApoBetrO kann man dies so herauslesen.
Wenn Ihre Überwachungsbehörde das Ganze anders sieht wird man erste Gerichtsurteile abwarten müssen.

Verdünnungs-Rezepturen kommen in der Praxis immer wieder vor, wenn auch nicht mehr ganz so häufig wie noch vor 20 Jahren. Hierunter verstehe ich den Wunsch von Dermatologen Fertig-AM mit mehr oder weniger geeigneten Grundlagen zu verdünnen, um die Wirkstärke zu reduzieren und ggf. noch andere Substanzen einzuarbeiten. Sinn oder Unsinn möchte ich hier nicht weiter diskutieren.

Mit kollegialen Grüßen,

Frank Gramberg-Schmidt

Galenik

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #11 am: 15. Mai 2013, 10:27:28 »
Naja, das Einmischen von anderen Wirkstoffen in FAM lehnen wir inzwischen grundsätzlich ab. Das war aber auch vor Änderung der ApoBetrO strittig, nun ist es m.E. eben auch von offizieller Seite nicht erwünscht.

Die Frage ist ja eher eine rechtliche, nicht nur eine bürokratische. Wenn ich es auch in das FAM eingerührt bekomme, wer garantiert Unbedenklichkeit, Haltbarkeit und Stabilität? Letztendlich muss es der Arzneimittelhersteller machen, das ist ab dem Zeitpunkt der Herstellung der Rezeptur die Apotheke.

Wenn Ein FAM oder eine Charge zurückgerufen werden muss, kommt der Hersteller für Ersatz und Schaden auf. Wenn man ohne Prüfung(smöglichkeit) ein AM herstellt und die \"Grundlage\" wie oben erwähnt zurückgerufen wird, steht man blöd da - etwaige Schadensersatzansprüche gehen direkt an die Apo (und damit an den Leiter)! Grundsätzlich läge es bei einem Schadensfall dann an der Apo nachzuweisen, dass der Schaden nicht durch die Vermischung eines zugelassenen Arzneimittel (mit ausgefeilter Zusammensetzung) mit einer Fremdsubstanz entstanden ist. Das Risiko möchte ich nicht eingehen, auch wenn ich \"nur\" angestellter Apo\'er bin.
Bei selbst hergestellten Medikamenten kann man unmöglich die Verantwortung an einen Hersteller eines FAM übertragen (was man aber könnte, wenn es die ApoBetrO zulassen würde), sprich: man trägt allein die Schuld. Genau aus solchen Gründen ist die ApoBetrO doch auch geändert worden, damit keine Rezepturen mit \"fragwürdiger\" Qualität mehr hergestellt werden, oder nicht?

Gramberg-Schmidt

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Aw: Kosmetika als Rezepturgrundlage
« Antwort #12 am: 15. Mai 2013, 11:32:51 »
Selbstverständlich ist der Hintergedanke der neuen ApoBetrO u.a. die Qualität der Rezepturarzneimmittel zu verbessern.
Für Rezeptur-Arzneimittel haftet natürlich die Apoptheke, ob aus Fertig-AM oder anderen Ausgangsstoffen hergestellt und als angestellter Apotheker kann ich sicher meine Verantwortung nicht einfach so auf Leiter/Leiterin abschieben und dies ist auch gar nicht in meinem Interesse als Approbierter. Sie haften auch für eigene Fehler bei der Abgabe eines Fertig-AM und können das nicht an den Hersteller durchreichen.
Die Rezeptur als solche muß natürlich plausibel sein und kann dann nicht einfach so abgelehnt werden.
In der Pädiatrie ist eine optimale Versorgung der kleinen PatientInnen ohne die Verarbeitung von Fertig-Am z.B zu niedriger dosierten Kapseln als Primärverpackung für ein Pulver, Lösungen, Suspensionen etc. auch nach neuestem Stand der Wissenschaft gar nicht anders möglich. Hier ist die Rezeptur besonders wertvoll und wir müssen Verantwortung übernehmen. Dies bitte ich zu bedenken.

Das wir uns hier im Rezepturforum tummeln und diskutieren ist doch ein gutes Zeichen dafür, dass es KollegInnen gibt, die sich Gedanken in Interesse der Patienten machen.

In diesem Sinne möchte ich diese Diskussion, die eigentlich gar nicht in diesen Thread gehört von meiner Seite beenden und wünsche eine angenehme Restwoche.

Mit kollegialen Grüßen,

Frank Gramberg-Schmidt