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Autor Thema: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?  (Gelesen 15263 mal)

Anja Andreas

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Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« am: 18. Oktober 2012, 12:16:08 »
Folgende Rezeptur ist bei uns eingegangen:

Betamethasondipropionat   0,064g
Salicylsäure               2,00g
Propylenglycol            20,00g
Isopropnaol 70%       ad 100,00g

Betamethasondipropionat weist ein rezeptierbaren pH-Bereich von 4-8 auf.
Haben die Rezeptur dummerweise schon hergestellt und einen pH-Wert zwischen 2-3 gemessen - natürlich
zu sauer für das Cortison. Betamethasonvalerat soll laut Literatur pH-Wert 2-5 vertragen. Wäre ein Austausch möglich?
Oder würde sich auch das Valerat in einem so sauren pH-Bereich schnell zersetzen?

Danke für eure Hilfe  :)

Wolf

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #1 am: 22. Oktober 2012, 15:24:59 »
Hier stellt sich für mich eine ganz andere prinzipielle Frage. In Alkoholen kann man streng genommen keine pH - Werte messen. Spielen dann in alkoholisch wäßrigen Mischungen wie 70 % Isopropanol oder Ethanol überhaut pH - Stabilitätsoptima eine Rolle? Einen echten pH - Wert könnte ich erst dann ablesen, wenn der Alkohol-Anteil quantitativ (!!) verdunstet wäre.
Klar ist, dass in alkoholischen Lösungen Hydrolyse- Vorgänge wohlgemerkt bei Raumtemperatur nur sehr verzögert ablaufen. Kann ich daraus die Schlußfolgerung ziehen, dass ich mir keine Gedanken mehr um unterschiedliche pH-Stabilitätsoptima machen brauche, wenn der Alkohol-Anteil sehr hoch liegt?
Mich würden die Ansichten und Meinungen anderer Forum-Teilnehmer hierzu sehr interessiern!

Uehren

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #2 am: 23. Oktober 2012, 07:59:11 »
Also ich stimme Ihnen in dem Punkt zu, dass man in alkoholischen Lösungen einen pH Wert streng genommen nicht messen kann. Wobei ich es in dem Zusammenhang relevanter finde, ob sich Oxonium Ionen bilden können oder nicht. Da selbst in hohen Alkoholkonzentrationen fast immer auch ein wässriger Anteil vorhanden ist laute die Antwort also ja. Klar ist natürlich auch je weniger Wasser vorhanden, desto langsamer läuft auch eine Hydrolyse ab, allerdings liegt das Verhältnis im Gleichgewicht immer noch klar auf der Seite des Wassers und das gespaltenen Betamethason fällt raus, da eine Rückreaktion noch einmal unendlich langsamer ablaufen würde.
Die Frage bleibt also wie viel langsamer eine Reaktion ablaufen würde und da man (aus meiner Sicht) diese Frage nicht allgemein beantworten kann ist das pH-Optimum in alkoholischen Lösungen relevant.

//wohl gemerkt, dass ist nur meine Meinung und ich hab leider keine Quelle gefunden, die mich stützen würde.

Anja Andreas

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #3 am: 23. Oktober 2012, 19:49:20 »
Wir haben die verschriebene Rezeptur ohne Veränderung hergestellt und danach den pH-Wert gemessen. Dieser lag bei 3  :S Kann ich mich auf dieses Ergebnis verlassen oder spielt mir der Alkohol da einen Streich?  :huh:
Ich habe diese Rezepturzusammensetzung mal ans NRF geschickt, mal schauen was die dazu sagen. Das Argument mit dem hohen Alkohol- und geringen Wasseranteil klingt sehr interessant.

Bei uns kommen derzeit sehr häufig Lösungen dieser Art reingeflogen u.a. meist mit Salicylsäure und einem Cortison. Die Kombi mit Clotrimazol hatten wir auch schon, wobei der verschreibende Arzt sich darauf einließ anstatt Salicylsäure Harnstoff als Keratolytikum einzusetzen.

Wolf

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #4 am: 23. Oktober 2012, 20:36:23 »
Sehr geehrte Frau Andreas,

der abgelesene pH - Wert ist m.E. nur dann relevant, wenn der gesamte Isopropanol verdunstet ist. Wenn man da ganz sicher gehen will, könnte man das pH - Stäbchen mit Halbschritt-pH-Angaben und 3 Farbzonen [pH-Intervall 2 - 9] [Herst.: Macherey-Nagel, Düren;
Lief.: Carl Roth, Karlsruhe) mit dem Laborfön trocken fönen.
Der von Ihnen gemessene Wert von 3 ist natürlich nicht so ideal für das Betamethasondipropionat, so dass ich auch hier für den Austausch gegen Harnstoff plädieren würde.
Ich überlege mir, ob ich mich mit diesem Problem der pH - Relevanz in alkoholisch-wäßrigen Mischungen nicht einmal an meinen ehemaligen Prof. wenden sollte, der ein großer Analytiker war.

MfG

G. Wolf

Wolf

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #5 am: 28. Oktober 2012, 20:05:45 »
Ich habe inzwischen die Frage nach der Stabilität von Glucocorticoid - Estern in sauren, wässrig-alkoholischen Lösungen Herrn Prof. H.J. Roth, dem ehemaligen Direktor des pharmazeutischen Instituts in Bonn und Tübingen, der ein großer Analytiker war, vorgelegt. Ich erhielt folgende Antwort: ich zitiere auszugsweise. Um diese Frage exakt beantworten zu können, \"müsste man aufwändige Versuchsreihen durchführen. Nach meiner Einschätzung verlaufen aber hydrolytische und Isomerisierungs-Prozesse bei Raumtemperatur und in nicht rein wässriger Lösung so verzögert ab, dass sie in den geschilderten Fällen praktisch zu vernachlässigen sind\"..\"obwohl in alkoholisch-wässrigem Milieu sehr wohl Oxoniumionen entstehen können (Zitat Ende.\"

Anja Andreas

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #6 am: 16. November 2012, 16:06:52 »
Danke für eure vielen Antworten :-)

Ich hatte auch noch einmal beim NRF nachgefragt und bekam folgende Antwort:

Bei Betamethasondipropionat verhält es sich wie beim Betamethasonvalerat. Die Kombination mit Salicylsäure ist möglich. Hierzu liefert Ihnen der NRF-Rezepturhinweis \"Betamethasonvalerat zur Anwendung auf der Haut\", den ich ihnen mitfaxe, die erforderlichen Informationen unter Abschnitt 2.3 \"Stabilität bei Kombination mit Salicylsäure\". Um eine standardisierte und auf Stabilität geprüfte Rezeptur herzustellen, können Sie sich auch an der NRF-Monographie 11.23. orientieren. Hier finden Sie auch zur Verarbeitung der Salicylsäure weitere Informationen.


Der NRF-Rezepturhinweis lautet wie folgt:

\"Die Kombination von Betamethasonvalerat mit Salicylsäure ist in der dermatologischen Praxis üblich und therapeutisch sinnvoll. Im Hinblick auf die Stabilität wird eine säurekatalysierte Zersetzung des Glucocorticosteroids diskutiert. Eigene aktuelle Untersuchungen an ethanolisch-wässrigen Betamethasonvalerat-Löungen 0,1 bzw. 0,05% mit Salicylsäure 2% bestätigen jedoch, dass innerhlab von 8 Wochen weder Isomerisierung zum 21-Monoester noch Hydrolyse zur Alkoholform stattgefunden haben. Der pH der ethanolisch-wässrigen Lösung wurde mit 2,8 ermittlelt. Für gesättigte, wässrige Salicylsäure-Lösungen ist ein pH-Wert von 2,4 beschrieben. Bei Cremes und Emulsionen mit Betamethasonvalerat in Kombination mit Salicylsäure ist während der üblicherweise begrenzten Anwendungsdauer bei Behandlung mit einem stark wirksamen der üblicherweise begrenzten Anwendungsdauer bei Behandlung mit einem stark wirksamen Glucocorticoid eine signifikante Zersetzung nicht zu befürchten. Dies gilt erst recht, wenn das Betamethasonvalerat - wie in den meisten Rezepturen - in suspendierter Form vorliegt. Die defekturmäßige Herstellung hydroalkoholischer Lösungen ohne spezifische Untersuchungen zur Stabilität wird dennoch nicht empfohlen.\"

Nadja Engel-Winkinstern

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #7 am: 17. November 2012, 13:46:40 »
Zitat von: \"Wolf\" post=2011
Ich habe inzwischen die Frage nach der Stabilität von Glucocorticoid - Estern in sauren, wässrig-alkoholischen Lösungen Herrn Prof. H.J. Roth, dem ehemaligen Direktor des pharmazeutischen Instituts in Bonn und Tübingen, der ein großer Analytiker war, vorgelegt. Ich erhielt folgende Antwort: ich zitiere auszugsweise. Um diese Frage exakt beantworten zu können, \"müsste man aufwändige Versuchsreihen durchführen. Nach meiner Einschätzung verlaufen aber hydrolytische und Isomerisierungs-Prozesse bei Raumtemperatur und in nicht rein wässriger Lösung so verzögert ab, dass sie in den geschilderten Fällen praktisch zu vernachlässigen sind\"..\"obwohl in alkoholisch-wässrigem Milieu sehr wohl Oxoniumionen entstehen können (Zitat Ende.\"


Einen schönen guten Tag!
Nach dem ich das alles gelesen habe, bin ich zum Entschluss gekommen, das die folgende Rezeptur ohne weiteres herstellbar wäre:
Clobetasolprop., Salicylsäure, ol. Ricini in Isopropanol 70% ? Da die pH-Werte keine Rolle spielen, könnte auch das Clotrimazol eingearbeitet werden? Über den Sinn der Kombination aller Wirkstoffe lässt sich natürlich diskutieren, wichtiger für mich ist die Stabilität der Rezeptur. Deshalb bitte ich um Bestätigung!!!
Vielen lieben Dank!!!

Wolf

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #8 am: 18. November 2012, 16:49:29 »
Selbst auf die Gefahr hin, dass Sie mir jetzt den Hals umdrehen wollen ...

Ich habe diese Frage am Dienstag letzter Woche anläßlich des \"Train-the-Trainer\"-Seminars in Eschborn der NRF - Mannschaft gestellt und erhielt folgende Antwort: die Wassermenge im Isopropanol 70 % reiche aus, um pH - relevante Reaktionen auszulösen.
Und wem wollen wir nun glauben? Wie ich finde, eine grundsätzliche Frage angesichts vieler vorhandener Quellen, die - von den Autoren (Ziegler-Liste und Fagron Compendium) auch inzwischen zugegeben - Fehler enthalten.
Wir müssen einen vernünftigen Weg finden. M.E. sollte man nicht nur einer Quelle allein glauben, sondern mindestens 2 Quellen zu Rate ziehen und sich dann fragen, welche einem plausibler vorkommt.

Um auf die Rezeptur zurückzukommen, dürften eventuelle Reaktionen im dem Isopropanol 70 % zumindest sehr langsam ablaufen, aber sicher nicht ganz auszuschließen sein. D.h. in der Konsequenz sollte eine verkürzte Aufbrauchfrist angebracht sein.
Statt Rizinus - Öl würde ich eher Octyldodecanol einsetzen. Vergleichen Sie hierzu einmal die NRF - Vorschrift 11.45.

Nadja Engel-Winkinstern

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Aw: Betamethasondipropionat + Salicylsäure?
« Antwort #9 am: 22. November 2012, 08:06:48 »
Ihnen den Hals umdrehen? Hatte ich nicht mal einen Gedanken gehabt! :)
Vielen Dank nochmal für Ihre Antwort! Nach dem ich Ihr Buch komplett durchgelesen habe, ist mir auch klar geworden, dass man keine Rezeptur auf ewig stabil machen kann. Jetzt weiß ich zumindest, dass die Wirkstoffe in der oben genannte Rezeptur nicht schon nach 2 Tagen zersetzt sind.